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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 379

1880 - Sondershausen : Eupel
379 Die Schweizer sehn den Reitersmann mit doppelt großen Augen an: „Nun wird er uns doch sagen müssen, von wem wir soll'n die Leute grüßen?" Der aber sagt es gleichwohl nicht. „Habt ihr den Gruß nur ausgericht't von dem, der kommt, so werden sie's ver- stehn. Lebt wohl, ihr Herrn, auf Wiedersehn." Das war des Reiters letztes Wort, des andern Morgens war er fort. Hagenbich. 33. Die Übergabe der augsburgischen Konfession. 25. Juni 1530. Der Kaiser Karl V. hatte 1529 einen Reichstag nach Spei er aus- geschrieben. Dort setzten die Römischen den Beschluß durch, daß es keinem ferner gestattet werden solle, zu den Lutherischen überzugehen. Dagegen legten diese eine Protestation, d. i. Einsprache ein, in der sie erklär- ten, daß sie bei ihres Herrn und Heilandes Wort, welches sie ohne Zwei- fel rein und lauter hätten, verbleiben wollten, und daß sie aus redlichen Gründen den Beschluß des Reichstages für nichtig erklären müßten. Von dieser Protestation hießen die Lutherischen seitdem Protestanten. Ein Protestant ist also ein solcher, der protestirt gegen alle Lehre, welche nicht in der heiligen Schrift gegründet ist. Für das folgende Jahr schrieb der Kaiser einen Reichstag nach Augs- burg aus. Dort sollte über die lutherische Lehre gütliche Unterredung ge- pflogen und wegen des Türkenkrieges beraten werden. Denn die Türken hatten 1453 Konstantinopel erstürmt und bedrohten seitdem init ihren wil- den Horden die deutschen Lande. Kaiser Karl gedachte sie zu bekriegen, und dazu gebrauchte er die Hilfe der Evangelischen; daher war er gegen diese milder gesinnt. Zu diesem Reichstage zog nun auch Kurfürst Johann von Sachsen mit den drei Gottesgelehrten Philipp Melanchthon, Justus Jonas und Spalatin. Luther blieb unterwegs auf der Feste Koburg, damit er den Unterhandlungen nahe und doch sicher sei. Hier brachte er täglich drei Stunden in brünstigem Gebete für das theure Evangelium zu, schrieb auch, wenn ihm Trost mangeln wollte, Psalm 118, 17: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werk verkündigen," an alle Wände seines Zimmers und sandte viele tröstliche Briefe und Mahnungen zur Be- ständigkeit gen Augsburg. Während der Kaiser noch verzog, hatte Melanch- thon Zeit gehabt, ans des Kurfürsten Befehl das Glaubensbekenntnis der Evangelischen aufzusetzen. Luther hatte es zuvor durchsetzen müssen und hatte es gut geheißen, und der Kurfürst Johann von Sachsen, Markgraf Georg von Brandenburg, Herzog Ernst von Lüneburg, Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Johann Friedrich von Sachsen, Herzog Franz von Lüneburg, Fürst Wolfgang von Anhalt und die beiden Abgesandten der Städte Nürnberg und Reutlingen hatten es unterschrieben. Als die Got- tesgelehrten gegen den Kurfürsten sich erboten, wenn er etwa Bedenken trage, bei ihnen zu stehen, so wollten sie allein vor den Kaiser treten und sich verantworten, gab er ihnen zur Antwort: „Das wolle Gott nicht, daß ihr mich ausschließet; ich will Christum auch bekennen." Am 25. Juni nachmittags drei Uhr versammelten sich die Reichs- stände in der Kapelle des Bischofshofes. Außer den Fürsten und Abge- ordneten ließ der Kaiser niemand zu. Die beiden Kanzler des Kurfürsten, Dr. Brück und Dr. Beyer, traten in die Mitte des Zimmers, jener mit dem lateinischen, dieser mit dem deutschen Text des Bekenntnisses. Der

2. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 384

1880 - Sondershausen : Eupel
384 würdigste Denkmal aber hat das evangelische Volk dem edlen Glaubens- helden in der segensreichen Gustav-Adols-Stiftung errichtet. Andeä. 36. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg, wurde im Jahre 1620 geboren; seine Jugend fällt also in die Zeit des dreißig- jährigen Krieges. Als der Knabe sieben Jahre alt geworden war, ließ ihn sein Vater, der Kurfürst Georg Wilhelm, der Kriegsunruhen wegen in die schützende Festung Küstrin bringen. Allein fünf Jahre später hatten die Kriegsverhältnisse einen so bedrohlichen Charakter angenommen, daß selbst Küstrin nicht mehr sicher schien; man flüchtete mit dem Prinzen daher nach Pommern. Hier sah er die Leiche seines Onkels, des Schwedenkönigs Gustav Adolf, als sie gerade eingeschifft wurde, um nach Schweden überge- führt zu werden. Der traurige Anblick machte auf das Gemüt des Knaben einen unauslöschlichen Eindruck. Einige Jahre später bezog er zu seiner- weiteren Ausbildung die berühmte niederländische Universität Leyden. Von hier ging er nach dem Haag, der niederländischen Residenz, und ließ sich von den dort weilenden Gesandten der fremden Mächte in die Staatskunst einweihen. Dort versuchte man, ihn zu einem üppigen, ausschweifenden Leben zu verleiten, aber vergeblich; er verließ den Haag und eilte zu seinem Vetter, dem Prinzen Heinrich von Oranien, welcher gerade die von den Spaniern besetzte Festung Breda belagerte. Oranien erkannte sofort mit klarem Blick, daß diese That des Jünglings ein Vorzeichen künftiger Größe sei, und sprach die prophetischen, bedeutungsvollen Worte: „Vetter, ihr habt einen schöneren Sieg erfochten, als wenn ich Breda eroberte! Ihr habt das gethan, ihr werdet mehr thun!" Im Jahre 1640 starb der Kurfürst Georg Wilhelm, und nun bestieg der Prinz den Thron. Das Land, welches er regieren sollte, war durch den blutigen Krieg entvölkert, verwüstet und gänzlich verarmt. Allein der junge Fürst verzagte nicht. Zunächst suchte er seinem Lande den Frieden wiederzugeben; er schloß daher mit den Schweden einen vorläufigen Vertrag, nach welchem sie nur noch in einigen festen Plätzen seines Landes Besatzungen halten durften. Dann wirkte er für die Herbeiführung eines endgültigen Friedens, der auch endlich im Jahre 1648 zu stände kam und dem furcht- baren dreißigjährigen Kriege ein Ziel setzte. Die eingetretene Friedenszeit benutzte der Kurfürst, um in seinem Lande Ordnung zu machen, den wider- spenstigen Adel zu bündigen und den darniederliegenden Gewerben auf jede Weise aufzuhelfen. Er gab zu dem Ende weise Gesetze, die sich trefflich bewährten. Nebenbei richtete er auch sein Augenmerk aus die Vergrößerung des Kurfürstentums, und es gelang ihm auch mit Hilfe seines tapferen, von ihm gebildeten Heeres, sowie durch kluges Verhandeln mit anderen Fürsten, diesen Zweck zu erreichen. Namentlich erwarb er die große und wertvolle Provinz Ostpreußen, die seinem Reiche später den Namen geben sollte, als unabhängiges Herzogtum. Das hervorragendste Ereignis in dem Leben des großen Kurfürsten war die Schlacht bei Fehrbellin. Als er nämlich im Vereine mit anderen deutschen Fürsten gegen die Franzosen ins Feld gerückt war, fielen die Schweden, durch den französischen König Ludwig Xiv. dazu bewogen, in

3. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 386

1880 - Sondershausen : Eupel
386 schaft für den Seehandel nach Afrika. Ein besonderes Verdienst erwarb er sich durch die Aufnahme von 20 000 französischen Protestanten, welche die Verfolgungssucht des Königs Ludwig Xiv. zur Flucht aus ihrem Vater- lande genötigt hatte. Ausgezeichnet durch ernste Frömmigkeit, regsamen Fleiß und mancherlei Kunstfertigkeit haben diese neuen Einwanderer großen Segen gestiftet. Auch der geistigen Bildung seiner Unterthanen widmete der Kurfürst die treueste Fürsorge. Die Macht und das Ansehen seines Staates endlich vermehrte er vorzüglich durch das tüchtige stehende Heer, welches er gründete. So hinterließ er bei seinem Tode ein blühendes Land, dessen Glück und Ruhm sein Werk war. „Mein Ziel war darauf gerichtet," sprach er kurz vor seinem Ende zu seinem Sohne, „mein kurfürstliches Haus in Ruf, Flor und Ansehen zu bringen. Ich zweifle nicht, mein Sohn, du werdest in den Grundsätzen, wodurch ich den Staat glücklich beherrschte, mein Nachfolger sein, vor allen Dingen Gott vor Augen haben, deine Unterthanen herzlich lieben, treue Räte hören und das Heft der Waffen nicht aus den Händen lassen, denn dadurch muß nächst göttlicher Hilfe die Sicherheit deiner Länder und der so sauer erworbene Ruhm des Kurhauses Brandenburg hauptsächlich aufrecht erhalten werden. Mit allem Fleiß sei darauf bedacht, den Ruhm, welchen ich dir als ein Erbtheil hinterlasse, zu wahren und zu mehren." Er starb 68 Jahre alt, nach 48 jähriger Regierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt." Nach Deinhardt u. Andrä. 37. Frobens Aufopferung. 18. Juni 1675. 1. Herr Kurfürst Friedrich Wilhelm, der große Kriegesheld, seht, wie er auf dem Schimmel vor den Geschützen hält; das war ein rasches Reiten vom Rhein bis an den Rhin, das war ein hartes Streiten am Tag von Fehrbellin. 2. Wollt ihr, ihr trotzigen Schweden, noch mehr vom deutschen Land? Was tragt ihr in den Marken den wüt'gen Kriegesbrand? Herr Ludwig von der Seine, der hat euch aufgehetzt, daß Deutschland von der Peene zum Elsaß werd' zerfetzt. 3. Doch nein, Herr Gustav Wrangel, hier steh' nun einmal still, dort kommt Herr Friedrich Wilhelm, der mit dir reden will. Gesellschaft aller Arten bringt er im raschen Ritt sammt Fahnen und Standarten zur Unterhaltung mit. 4. Nun seht ihn auf dem Schimmel, ein Kriegsgott ist er, traun! den Boden dort zum Tanze will er genau beschaun. Und unter seinen Treuen, da reitet hintenan zuletzt, doch nicht aus Scheuen, Stallmeister Froben an. 5. Und wie der Wrangel drüben den Schimmel nun erblickt, ruft er den Kanonieren: „Ihr Kinder zielt geschickt!

4. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 388

1880 - Sondershausen : Eupel
388 hoch auf der Schimmel setzet, Herr Froben sinkt zum Sand, und Roß und Reiter netzet mit seinem Blut das Land. 16. Die Ritter alle schauen gar ernst und treu hinein: o Froben dort am Boden, wie glänzt dein Ruhmesschein! Der Kurfürst ruft nur leise: „Ha! war das so gemeint?" Und dann nach Feldherrnweise: „Run vorwärts in den Feind!" Minding. 38. Friedrichs des Großen Jugendjahre. Der dritte in der Reihe der preußischen Könige ist Friedrich Wilhelms I. Sohn, Friedrich Ii., der Große. Er war geboren am 24. Januar 1712 und hatte eine schwere Jugendzeit; denn sein Vater behandelte ihn äußerst streng. Vor allem wollte er ihn zu einem tüchtigen Soldaten heranbilden: schon sehr früh wurde der Prinz zu allen militärischen Übungen angehalten. In seinem zehnten Jahre mußte er bereits gleich einem gemeinen Soldaten, trotz Wind und Wetter, mit Tasche und Flinte auf die Schloßwache ziehen und^childwache stehen. -Aber das einförmige, unaufhörliche Exerzieren gewährte Friedrichs lebhaftem Geiste keine Be- friedigung; er las lieber französische Bücher, machte Gedichte und ergötzte sich mit Flötenspiel. Das war dem derben Sinne des Vaters höchlich zu- wider; er fürchtete, bei solchen Neigungen werde aus seinem Sohne nimmer- mehr ein rechter Kriegsmann werden. „Fritz," sagte er verdrießlich, „ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben. Je mehr der Prinz heranwuchs, desto härter wurde die Behandlung, welche ihm widerfuhr. Der König verwies ihn, da er sich seinen Wünschen nicht fügen wollte, als einen Unwürdigen aus seiner Nähe, schalt ihn wieder- holt vor allem Hofgesinde aus und drohte ihm, wo er ihm begegnete, mit aufgehobenem Stock. Da faßte der Jüngling den Entschluß, heimlich nach England zu entfliehen. Aber die Sache wurde verraten und Friedrich in dem Augenblicke, wo er sein Vorhaben ausführen wollte, verhaftet. Als er vor den Vater geführt wurde, geriet dieser so in Zorn, daß er nach dem Degen griff, ja, er würde ihn durchbohrt haben, wenn sich nicht der General von Mosel zwischen beide geworfen hätte. Der Kronprinz wurde nun auf die Festung Küstrin gebracht, und hier mußte er täglich über sieben Stunden in Regierungssachen arbeiten; auch im Übrigen hielt man ihn äußerst strenge. Sein Freund, der Lieutenant Kätte, welcher ihm bei dem Fluchtversuche behülflich gewesen war, wurde vor seinen Augen enthauptet. Aber diese Zucht war dem allzu feurigen und geistvollen Friedrich höchst heilsam; nicht nur ward er mit der Staatsverwaltung aufs genaueste be- kannt, sondern er lernte auch seine Leidenschaften zu beschränken und in treuester Pflichterfüllung die Aufgabe des Lebens zu sehen. So ward er in seiner Einsamkeit allmählich umgewandelt, und mehr und mehr lernte er die strenge, aber brave Art seines Vaters schätzen. So erfolgte denn endlich die Versöhnung zwischen den beiden Männern, von denen jeder in seiner Eigentümlichkeit so groß und edel war. Der König setzte seinen Sohn als Oberst an die Spitze eines Regimentes und kaufte ihm das Schloß Rh ein sb erg bei Ruppin.

5. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 394

1880 - Sondershausen : Eupel
Preußen aber ist das Bild des „einzigen Friedrich" lebendig geblieben bis auf den heutigen Tag. Audrä. 42. Friedrich Wilhelm Iii. und Luise. Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz, die sich Preußens Kron- prinz zu seiner Gemahlin erwählt hatte, erfüllte gleich Weihnachten 1793, da sie als Braut in Berlin einzog, die ganze Stadt mit dem Rufe ihrer Schönheit und Anmut. Bald wurde ihre Ehe mit dem gleichgesinnten Kronprinzen das Vorbild eines wahrhaft deutschen Familienlebens, das weithin durch das Land leuchtete. Ein Leben in solcher wechselseitigen Liebe und Treue war damals an deutschen Fürstenhöfen leider sehr selten ge- worden. Allgemein redeten damals vornehme Eheleute einander mit Sie an; der Kronprinz und die Kronprinzessin nannten einander mit dem ver- traulichen Du. Sie lebten nur für einander, und gleichwie Luise sich nach- her als eine wahrhaft deutsche Königin bewährte, so stand sie als Kron- prinzessin ihrem Gemahl als eine echt deutsche Hausfrau zur Seite. Nicht bei Hofe, sondern nur zu Hanse fühlten beide sich recht heimisch. Wenn sie ans dem Geräusche eines Festes in ihr stilles, kleines Schloß heimkehrten und wenn dann Luise die Prachtkleider und den Schmuck wieder abgelegt hatte, dann sagte der Kronprinz oft: „Gott sei Dank, daß du wieder meine Frau bist!" „Wie?" fragte Luise lächelnd, „bin ich denn das nicht immer?" „Ach nein," versetzte Friedrich Wilhelm mit einem Seufzer, „du mußt nur zu oft Kronprinzeß sein!" Am 10. März 1794 feierte Luise als Kronprinzessin ihren ersten Geburtstag in Berlin. König Friedrich Wilhelm Ii., der seine Schwieger- tochter sehr lieb hatte und hoch hielt, schenkte ihr das Lustschloß in Oranien- burg. Aber je froher die Kronprinzessin dabei war, desto mehr wünschte sie, auch andere zu erfreuen. Der König fragte sie, ob sie noch einen Wunsch hätte. Da wünschte sie sich noch eine Hand voll Gold, um die Armen von Berlin eben so froh zu machen. Lächelnd fragte Friedrich Wilhelm Ii.: „Wie groß denkt sich denn das Geburtstagskind diese Hand voll Gold?" „So groß wie das Herz des gütigsten von allen Königen," war die Antwort; und so erhielten die Armen eine reiche Spende. So hielt Luise auch als Königin stets daran fest, daß sich andere mit freuen mußten, wo sie sich freute. Friedrich Wilhelm und Luise fühlten sich indessen in Oranienburg doch nicht recht behaglich. Das Schloß war ihnen zu groß, die Umgebung zu geräuschvoll. Sie sehnten sich nach einem schlichteren Landsitze, nach einer stilleren Häuslichkeit. Darum kaufte der Kronprinz das Landgut Paretz in der Nähe der Havel bei Potsdam. Er ließ das alte Wohnhaus des Gutsherrn niederreißen und baute sich selbst ein neues ganz einfaches Haus. Dort verlebte er den Sommer mit seiner Gemahlin und seinen Kindern und nannte sich oft scherzend den „Schulzen von Paretz," wie Luise sich die „gnädige Frau von Paretz" nannte. Dort feierten sie das Erntefest mit ihren Hofleuten und Arbeitern. Mit dem Erntekränze zogen die Schnitter und Garbenbindcrinnen vor das Schloß. Der könig- liche Gutsherr trat heraus; er hörte die Rede der Großmagd freundlich an und schickte diese dann mit dem Kranze ins Schloß zu seiner Gemahlin. Vor dem Schlosse selbst begann dann der Tanz, und die Herren und

6. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 415

1880 - Sondershausen : Eupel
415 59. Der Kaisertag in Versailles. 18. Januar 1871. Während in raschem Fortschritte ganz Frankreich von den deutschen Heeren überwältigt und niedergeworfen wurde, brach in Versailles, dicht vor den Thoren des belagerten Paris, ein Tag heran, der Frieden und die höchste Freude für ganz Deutschland, ja für die Welt bedeutete. Dem Werke, das die vereinte Kraft Deutschlands geleistet, sollte nun das Siegel aufgedrückt werden durch die friedliche und feierliche Erneuerung des deutschen Kaisertums. Schon im Dezember 1870 hatten die deutschen Fürsten und Völker, allen voran der hochherzige jugendliche Baiernkönig Ludwig, dem greisen Könige Wilhelm die deutsche Kaiserkrone angeboten. In dem Schlosse jenes gottlosen Fürsten, Ludwigs Xiv., dessen ganzes Sinnen und Trachten auf Deutschlands Zersplitterung und Erniedrigung gegangen war, wurde am 18. Januar 1871 König Wilhelm von Preußen zum deutschen Kaiser ausgerufen. Es war derselbe Tag, an dem 170 Jahre früher sein Ahnherr Kurfürst Friedrich Iii. von Bran- denburg sich zum Könige von Preußen gekrönt hatte. Der große Festsaal des Schlosses zu Versailles, der überaus prächtige Spicgelsaal, war zu der Feier ausersehen. Mitten unter all der prahlerischen Eitelkeit der fran- zösischen Könige war ein bescheidener Altar errichtet, mit rotem Sammet bedeckt und mit zwei brennenden goldenen Armleuchtern geschmückt. Davor- stand ein preußischer Geistlicher in seinem schmucklosen schwarzen Ornat. Zu beiden Seiten des Altars standen Soldaten, je einige Mann von allen deutschen Regimentern, die um Paris lagerten. Auch die Fahnen von allen diesen Regimentern waren, jede von einem Unteroffizier gehalten, am Ende des Saales auf einer Erhöhung aufgestellt. Und endlich hatten sich gegen 600 Offiziere von allen Waffengattungen, im bunten Schmucke ihrer prächtigen mannigfaltigen Uniformen, in dem Saale versammelt. Um zwölf Uhr erschienen der König, der Kronprinz und viele fürst- liche Gäste und nahmen dem Altare gegenüber Platz. Bismarck und Moltke standen in der Nähe des Königs. Ein Sängerchor, der aus Sol- daten bestand, leitete den Gottesdienst ein; er sang: „Jauchzet dem Herrn alle Welt" mit Posaunenbegleitnng und die Liturgie. Dann folgte ein kriegerisches: „Helme ab zum Gebet" und die Predigt des Hofpredigers Rogge ans Potsdam über den 21. Psalm, der gerade für die Feier so passend war: „Herr, der König freuet sich in deiner Kraft, und wie sehr fröhlich d ist er über deiner Hilfe. Du gibst ihm seines Herzens Wunsch und weigerst nicht, was sein Mund bittet. Sela. Denn du überschüttest ihn mit gutem Seg^n, du setzest eine goldene Krone auf sein Haupt du setzest ihn zum ^egen ewiglich .... denn der König hofft auf den Herrn und wird durch die Güte des Höchsten fest bleiben .... Sie gedachten dir Übles zu thun und machten Anschläge, die sie nicht konnten ausführen . . . ." Mit einem brausenden „Nun danket alle Gott!" schloß die kirchliche Feier. _ Der König erhob sich und schritt, gefolgt von allen Prinzen und Fürsten und dem Grafen Bismarck, gerade auf die Erhöhung zu, wo alle die Fahnenträger standen. Am Rande der Erhöhung stand der greise, fast 74jährige König, zu seiner Rechten der Kronprinz, links der Bundeskanzler; die Fürsten traten hinter den König. Mit bewegter Stimme sagte der König, wie ihm die Kaiserkrone von allen deutschen Fürsten und freien

7. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 417

1880 - Sondershausen : Eupel
417 Auge naß, und dem greisen Könige und Kaiser stürzten die Hellen Thränen aus den Augen. Man sah, wie die stattliche Gestalt erschüttert war vor Rührung. Der Kronprinz von Preußen huldigte dem Kaiser durch Hand- kuß — aber der Vater schloß ihn in die Arme und küßte ihn wieder und immer wieder unter glücklichen Thränen. Auch seinen Bruder Karl und seinen Vetter, Admiral Adalbert, seinen Schwager, den Großherzog von Weimar, und seinen Schwiegersohn, den Großherzog von Baden, schloß der König in die Arme; die älteren Fürsten brachten ihren huldigenden Glückwunsch durch Handschütteln, die jungen Prinzen durch Handkuß dar. Die ganze übrige Versammlung huldigte dem Kaiser durch Vortreten und tiefe Verbeugung, die der Kaiser durch freundliches Kopsneigen erwiderte. Als der Kaiser das Königsschloß der Ludwige verließ, sank die Hohen- zollernfahne nieder, und die neue deutsche Kaiscrfahnc rauschte in die Höhe. Während der ganzen seltenen deutschen Kaiserfeier donnerten die deutschen Kanonen gegen Frankreichs Hauptstadt. R. König. 60. Unser Vaterland. 1. ennt ihr das Land, so wunderschön, ^ in seiner Eichen grünem Kranz? Das Land, wo auf den sanften Höhn die Traube reift im Sonnenglanz? Das schöne Land ist uns bekannt, es ist das deutsche Vaterland. 2. Kennt ihr das Land, vom Truge frei, wo noch das Wort des Mannes gilt? Das gute Land, wo Lieh’ und Treu’ den Schmerz des Erdenlehens stillt? Das gute Land ist uns bekannt, es ist das deutsche Vaterland. 3. Kennt ihr das Land, wo Sittlichkeit im Kreise froher Menschen wohnt? Das heil'ge Land, wo unentweiht der Glaube an Vergeltung thront? Das heil'ge Land ist uns bekannt, es ist ja unser Vaterland. 4. Heil dir, du Land, so hehr und gross vor allen auf dem Erdenrund! Wie schön gedeiht in deinem Schoss der ediern Freiheit schöner Bund! Drum wollen wir dir Liehe weihn und deines Ruhmes würdig sein! L. Wächter. Helmrich, Vaterländ. Lesebuch. 27
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